Rüppellpapagei | (Poicephalus rueppellii) |
Naturbrut und Handaufzucht von Rüppellpapageien: |
Autor: Rudolf K. Wagner Alle Texte und Fotos sind Eigentum der jeweiligen Autoren und dürfen nur mit deren Genehmigung veröffentlicht werden. |
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Mein Paar Rüppellpapageien, das ich 1995 erworben hatte, stand in seiner Käfigvoliere auf der Terrasse im Freien.
Es fühlte sich sichtlich wohl dort, obwohl nachts häufig Katzen vorbei kamen um festzustellen, dass sie keine
Möglichkeit hatten, sich einen grauen Braten aus Afrika hier einfach zu besorgen. Weil die Terrasse neu angelegt werden sollte, mussten die beiden aber frühzeitig Anfang August zurück ins Haus, ins Souterrain-Papageienzimmer. Dort fühlten sie sich in einem eigentlich viel zu kleinen Käfig wohl, in dem sie ja früher schon mal unbefruchteten Eier hatten. Es dauerte nur kurze Zeit bis erneut Eier gelegt wurden. Ich konnte das genau überprüfen, weil das Paar ohne Stress erlaubte, die Rückwand eines auf den Kopf gestellten L-förmigen Nistkastens zu öffnen um nachzuschauen. August 2000, Rüppellpapageien
Große Freude hatte ich, als ich feststellte, dass beim Durchleuchten deutlich zu erkennen war, dass die Eier befruchtet waren. Das vierte Küken schlüpfte 3 Tage nach dem dritten Küken und war 6 Tage jünger als das erste Küken. Es wurde aus meiner damaligen Sicht der Situation nicht gefüttert und lag unter den drei sehr gut versorgten älteren Küken, so dass ich es ziemlich schwach und apathisch am 26.9.2000 zur Handaufzucht herausnahm. Naturbrut und Handaufzucht Die Handaufzucht von Langflügelpapageien ab dem Ei bzw. ab Tag 1 wird allgemein als schwierig in der Literatur beschrieben. Das Küken, das ich nun vor mir hatte, war meines Erachtens nach überhaupt nicht von den Elternvögel angefüttert worden. Als ich es apathisch unter den drei anderen mit leerem Kropf nach ca. 25 Stunden sah und dann herausnahm, erhielt es zunächst eine Dosis Lactobazillen des Instituts für Geflügelkrankheiten, LMU München, die immer bei mir im Kühlschrank für Notfälle griffbereit vorrätig ist. (Seit einiger Zeit steht nun auch das Präparat "PT-12" dafür zur Verfügung). Die Papageien-spezifischen Lactobazillen wurden mit Ringer-Lactat-Lösung aufgelöst, auf 40º C aufgewärmt und verabreicht. Das Küken war zunächst zwar schwach, erholte sich aber zusehends, so dass es bereits nach 1 Stunde die erste volle Mahlzeit mit Pretty Bird 22/10 (eine spezielle Formulierung für Langflügelpapageien) erhalten konnte. Zunächst stündliche Versorgung, dann alle 2 Stunden auch während der ersten 4 Tage zeigten, dass das Küken gesund war und leben wollte. Der Oberschnabel des Kükens war in den ersten Tagen deutlich größer, so dass zu vermuten ist, dass die Küken von ihren Elternvögeln auf dem Rücken liegend gefüttert werden, und der Oberschnabel dabei die Rolle einer "Schaufel" übernimmt, in den der Futterbrei läuft und aufgefangen wird. Bei Graupapageien konnte dies bereits mit einer Nistkasten-Überwachungs-Kamera beobachtet werden. Ab ca. 10 Tagen wurde das Pretty Bird Handaufzuchtfutter mit Eres Handaufzuchtfutter für Tauben gemischt, um das Küken nicht ganz so stark "aufzupowern". Das Futter wurde in den ersten 6 Tagen in Ringer-Lactat-Lösung angerührt, später in Kamillentee, zu dem auch Bananen-Früchte-Vollkornbrei für Menschen-Babies hinzugefügt wurde. Gefüttert wurde der Brei mit ca. 40/41ºC. Die drei Küken bei ihren Elternvögeln entwickelten sich prächtig. Sie wurden überwiegend mit den großen Hagebutten (der Hundsrose oder Apfelrose) gefüttert. Rosemary Low empfahl noch zusätzlich aufgetaute frische Erbsen und Mais. Neben etwas Apfel wurde sehr, sehr gern auch Granatapfel aufgenommen. Sehr bald schon fütterten die Eltern eingeweichtes Papageien-Körnerfutter sowie etwas frisch gekochtes Eigelb und mit Hüttenkäse und trockenem Eifutter für Papageien (Rico's Futterkiste bzw. Quiko) hergestellten krümeligen Futterbrei. Je älter die Küken wurden, um so interessanter wurden die frisch aufgetauten Erbsen, die dann aber kurz vor dem Ausfliegen gänzlich ignoriert wurden. Das Fütterungskonzept bestand also aus dem Angebot verschiedener Produkte, die je nach Alter und Entwicklungsstand der Küken unterschiedlich stark aufgenommen und verfüttert wurden. Entsprechend ihrer körperlichen Entwicklung wurden die drei Küken am 15ten bzw. 16ten bzw. 17ten Lebenstag mit geschlossenen AZ-Ringen beringt. Das Küken in der Handaufzucht ebenfalls am 17ten Tag. Neben der täglichen Gewichtskontrolle des Kükens in der Handaufzucht, wurden 2 Gewichtskontrollen für alle Küken durchgeführt, um auch den Entwicklungsstand des handaufgezogenen Kükens gegenüber den Geschwistern in der Naturbrut zu dokumentieren.
Gewichts-Protokoll der Handaufzucht des Rüppellpapagei 4 in Gramm
Der Gewichtsvergleich zeigt, wie gut sich das einzelne Küken in oder trotz Handaufzucht entwickelt hat, da ja bekannt ist, dass Papageienküken in der Handaufzucht viel langsamer das endgültige Gewicht eines adulten Vogels erreichen als vergleichbare Küken, die von ihren Eltern aufgezogen werden. Diese gute Gewichtsentwicklung des handaufgezogenen Kükens von Lebens-Tag 2 an, das von den Elternvögeln nicht angefüttert war, beruht auf den häufigen Fütterungen in den ersten Tagen, damit der kontinuierliche Verdauungsprozess im Küken nicht oder nur ganz kurzfristig unterbrochen wird: Fütterungsplan für die Handaufzucht
danach wurde nicht mehr dazu gefüttert, weil das Küken nichts mehr aufnehmen wollte und bereits zusammen mit dem Naturbrut - Geschwistervogel sehr gut Futter aufnahm. Der Kropf des Kükens war auf jeden Fall morgens, aber eigentlich immer vor der nächsten Fütterung leer. Es zeigt sich, dass ein handaufgezogenes Küken bei großem zeitlichen Engagement eine ähnlich gute Entwicklung in den ersten Tagen und Wochen wie seine Geschwister bei den Elternvögel macht. Am 55. Lebenstag des ersten Kükens war zum ersten Mal ein Küken am Nistkastenloch zu sehen; welches von den dreien konnte nicht ausgemacht werden. Am 62.Tag konnte bereits beobachtet werden, wie Küken am Futternapf fraßen. Wie ganz zu Anfang dieses Berichtes geschildert, rupfen sich die Elternvögel ganz sicher nur aus Langeweile die kleinen Federchen vom Kopf und kauen darauf herum, was dann während der Brutzeit nicht mehr stattfand, so dass beide Elternvögel endlich mal wieder einigermaßen ordentlich auf dem Kopf aussahen. Mit Spannung wurde bei der täglichen (!) Nistkastenkontrolle die Küken untersucht, ob ihre Federchen einwandfrei wachsen durften. Sie durften zunächst! Das ging eine Weile gut, bis dann eines Tages bei allen 3 Küken die Ohren beidseitig blank und frei lagen. Die Küken waren bereits in einem Alter, wo es sehr, sehr schwierig und nervig gewesen wäre, sie zur Handaufzucht heraus zu nehmen. Und Rosemary Low riet, sie auf jeden Fall bei ihren Eltern zu belassen, da die Federchen ja später wieder schnell nachwachsen würden, was dann auch nach 3 Wochen zu sehen war. Am 65ten bzw. 64ten bzw.62ten Lebenstag der Küken wurde der Nistkasten abgehängt, obwohl die jungen Rüppellpapageien zusammen mit ihren Eltern dort noch gerne hinein flüchteten und stundenlang drinnen saßen. Der Schmutz im Kasten war aber so groß, und das dick eingebrachte Streu und das Brett darunter war trotz 4 maliger kompletter Säuberung und Austausch während der Aufzuchtzeit feucht durchdrängt vom Kot und Urin derart, dass diese Maßnahme einfach sein musste. Sie fraßen ja auch schon etwas selbständig und in der kleinen Käfig-Voliere flogen sie ja auch schon bereits herum, so weit das eben beschränkt möglich war. Geschlechtsbestimmung der Jungvögel Erwachsene Rüppellpapageien haben einen deutlichen Geschlechts-Dimorphismus, der sich darin zeigt, dass die untere Rückenpartie und die Oberschwanzdecken des Weibchens leuchtend blau sind, die Unterschwanzfedern und der Steiß eher matt-blau; diese Blautöne sind beim erwachsenen Männchen im Alter ab ca. dem 14.Monat nicht mehr zu sehen. Im Jugendgefieder sind Rüppellpapageien der Färbung der adulten Weibchen sehr ähnlich, obwohl alle Farben generell etwas matter sind. Wenn es männliche und weibliche Jungvögel in einem Gelege gibt, lassen sich äußerlich kleine Unterschiede der Geschlechter feststellen. Auch männliche Jungvögel machen insgesamt einen graueren Eindruck ( Unterschwanzfedern, Steiß). Die Flügelfedersäume haben einen schmalen, hellen Rand; bei den weiblichen Jungvögeln ist dieser Rand ausgeprägter und breiter ausgelegt und gelblicher. Das Blau der Unterschwanzfedern ist bei Weibchen leuchtender als bei den männlichen Geschwistervögeln. Um aber rechtzeitig ganz sicher zu sein, empfiehlt sich eine DNA-Analyse, denn Männchen haben noch bis zum 14ten oder 15ten Monat deutlich blaue Federanteile auf dem Rücken, woran man ungefähr ersehen kann, ob es ein Jungvogel oder ein adulter 1,0-Vogel ist. Und die feinen farblichen Unterschiede an den Flügelfedersäumen zwischen männlichen und weiblichen Jungvögeln werden mit größter Sicherheit nur erkannt, wenn beide Geschlechter in einem Gelege vorhanden sind, wobei die individuellen Unterschiede ebenfalls bedacht werden müssen. Schlussbemerkung Von den Langflügelpapageien sind ganz besonders bei uns die Senegalpapageien bekannt, die früher jährlich zu Tausenden importiert wurden. Selten wurden es zahme Stubenvögel; meist nur, wenn sie ganz jung in verständnisvolle Hände kamen. Die Nachzuchten von Wildfängen, die es nun auch schon seit einigen Jahren gibt, sind schon wegen ihrer Größe angenehme und gut paarweise haltbare Stubenvögel geworden. Wenn man daneben aber vergleichsweise Rüppellpapageien hält, erkennt man deren freundliches Wesen. Sie sind einfach liebenswert, leise lebhaft, verspielt, zutraulich. Es sind Papageien, die sehr gut an Papageienliebhaber abgegeben werden können und für Käfighaltung mit Ausflug bestens geeignet sind. Allein ihr graues Federkleid hat so ganz wenig von dem, was der private Papageienhalter so in seinem Kopf als Papagei ansieht; sie sind nicht bunt und relativ unauffällig. Wer sich für diese Vögel aber interessiert, der sieht ihre Eleganz mit den gelben Flügelspitzen und den goldgelben/orange-farbigen "Socken" an ihren Beinen, der dunklen rötlichen Pupille und dem schwarzen Augenring. Für Papageienzüchter ist es eine Art, die sich scheinbar vielen Situationen gut anpassen kann und für Nachkommen sorgt; wahrscheinlich einfacher als Senegalpapageien. Der Preis für Rüppellpapageien ist aufgrund ihrer Seltenheit noch immer hoch. Die Nachfrage nach ihnen aufgrund ihres unspektakulärem Erscheinungsbild viel zu gering. Züchter sollten diesen Papagei im Auge behalten, denn er ist langfristig gesehen ein hervorragender Heimvogel und viel besser dafür geeignet als viele andere Papageien. |